Budget für Ausbildung

Was ist das Budget für Ausbildung?

21. November 2023

Benjamins Ausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt

Text: Alexandra Lange
Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit

Seit 2020 gibt es das Budget für Ausbildung in Deutschland. Es war als Alternative zum Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung gedacht. Mit dem Teilhabestärkungsgesetz konnten ab 2022 auch Werkstattbeschäftigte von der Förderung profitieren. Eine Möglichkeit, auf die manch einer schon gewartet hatte, so zum Beispiel Benjamin Guderian, der seit der Schulzeit von einer Ausbildung träumt. Vergangenes Jahr war es endlich so weit. Im Herbst begann Benjamin mit seiner Ausbildung zum Fachpraktiker Gebäudeservice bei Mosaik. Wir haben den jungen Mann getroffen, mit ihm über seine Ausbildung und seine Zukunftspläne gesprochen.

Benjamin Guderian ist 24 Jahre alt. Seit der Schule möchte er eine Ausbildung machen. Doch die Agentur für Arbeit schickt den jungen Mann mit Lernschwierigkeiten zunächst in eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Aufgrund seines wechselnden psychischen Zustands trauen sie ihm eine Ausbildung nicht zu. Vor sechs Jahren kommt Benjamin zu Mosaik. Zunächst absolviert er den Berufsbildungsbereich in Mitte, anschließend wechselt er in den Arbeitsbereich. Genauer gesagt in das Team der Gebäudereinigung. Sein fester Arbeitsplatz wird die Außenarbeitsgruppe im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (kurz DIW). Der Traum von einer Ausbildung aber bleibt. Deshalb besucht Benjamin einmal die Woche das Arbeitsbegleitende Angebot Kulturtechniken in Mitte. Er möchte seine Deutsch- und Mathekenntnisse weiter verbessern. Doch ohne enge Betreuung traut ihm auch jetzt niemand eine Ausbildung zu.

Das soll sich mit dem Budget für Ausbildung ändern. Es finanziert den Auszubildenden unter anderem eine pädagogische Begleitung. Mit dieser Unterstützung kann Benjamin im Oktober letzten Jahres endlich seine Ausbildung zum Fachpraktiker Gebäudeservice beginnen. Sein Ausbildungsunternehmen ist die Mosaik-Services Integrationsgesellschaft mbH. Benjamin wechselt also zum Inklusionsunternehmen von Mosaik. Über diese Entscheidung und Chance ist er immer noch sehr glücklich. Nach fast einem Jahr kann er sich mittlerweile sogar vorstellen, nach den drei Ausbildungsjahren noch die Fachkraft anzuschließen. Sein größter Wunsch ist es, langfristig bei Mosaik bleiben zu können.

Die Fachpraktiker-Ausbildung gliedert sich in vier Bereiche: Grünflächenpflege, Gebäudereinigung, Malerei und Gebäudeservice. Seit April begleitet Benjamin das mobile Hausmeisterteam von Mosaik. Gibt es an irgendeinem Mosaik-Standort Möbel aufzubauen, Türschlösser zu reparieren oder Lampen zu wechseln, dann rückt Mark Norloch an. Der gelernte Möbeltischler ist seit April 2021 bei Mosaik und überall im Einsatz. Eine Unterstützung wie Benjamin kann er da gut gebrauchen. Mark Norloch ist gehörlos. Doch das ist für Benjamin, der nicht gebärden kann, keine große Sache. Ganz im Gegenteil, er hat sich vorgenommen, die Gebärdensprache zu lernen. Noch verständigen sich die beiden, wenn es gar nicht anders geht, über Zettel und Stift oder Handy. „Mark kann sich sehr gut mitteilen“, sagt Benjamin, der gern Teil des mobilen Hausmeisterteams bleiben würde. Der Azubi liebt die Abwechslung: „Wir sind viel unterwegs und es gibt immer etwas zu tun.“

Zurzeit unterstützt er Mark Norloch an drei Tagen in der Woche. Die anderen beiden Tage ist Benjamin in der Berufsschule, der Konrad-Zuse-Schule. Zu siebt sind sie in seiner Klasse. Die Fachpraktiker-Ausbildung ist sehr praktisch angelegt. Die Noten von Benjamin sind hervorragend. Nur Einsen und Zweien. Damit hat er alle überrascht. Selbst seine pädagogische Betreuerin und Azubi-Coach bei Mosaik, Claudia Beuße. Ob ihm das alles leichtfalle? Nein, so sei das nicht, entgegnet Benjamin. Es gebe Themen, für die müsse er schon viel tun. „Ich versuche so viel mitzunehmen, wie es geht“, sagt der junge Mann. 

Auch sein Ausbilder, der Fachbereichsleiter Handwerk bei Mosaik, Ralf Böker, ist begeistert von Benjamins sehr guten Leistungen und möchte ihn mehr fördern. Ein Praktikum beim Schlüsseldienst Freese soll dies ermöglichen. Zunächst sind die Zuständigen bei Freese jedoch zurückhaltend. Sie befürchten zu viel Anleitung und zu viel Aufwand. Sie stimmen deshalb nur einem einwöchigen Praktikum zu. Doch auch sie überzeugt Benjamin schnell mit seinem Einsatz und seinem freundlichen Wesen. Nach schließlich zwei Wochen hätten sie ihn gern noch länger behalten. So etwas gibt Selbstvertrauen. 

Es scheint, als hätte Benjamin mit der Ausbildung seinen Platz gefunden. Und wie gehe es weiter, fragen wir Benjamin. Gerade schaut er sich Wohnungen an. Er möchte alleine leben bzw. in einer eigenen Wohnung, erst mal mit dem Konzept des Betreuten Einzelwohnens. Zum Schluss berichtet er noch stolz von der baldigen Fahrt nach Italien, die seine Schule organisiert. Für einen ganzen Monat geht es in den Süden. Und was wird dort gemacht? „Gearbeitet“, sagt Benjamin lachend.

Was ist das Budget für Ausbildung? 
Das Budget für Ausbildung gibt es seit Januar 2020. Es soll Menschen mit Behinderung eine reguläre Berufsausbildung ermöglichen und eine Alternative zum Berufsbildungsbereich der Werkstatt sein. Deshalb waren Werkstattbeschäftigte von der Förderung zunächst ausgenommen. Dies änderte sich 2022 mit dem Teilhabestärkungsgesetz. Seither können auch Menschen mit Behinderung aus einer Werkstatt (egal, ob Berufsbildungs- oder Arbeitsbereich) eine Förderung vom Staat erhalten, wenn sie eine anerkannte Berufsausbildung oder Fachpraktiker-Ausbildung anstreben. Das Budget für Ausbildung zahlt dem Ausbildungsbetrieb einen Lohnkostenzuschuss. Den Auszubildenden werden die Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz und in der Berufsschule finanziert, das kann zum Beispiel ein Job-Coach oder Azubi-Coach sein.

Laut einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit gibt es aktuell in ganz Deutschland nur 56 Personen, die das Budget für Ausbildung nutzen. Die Berliner Statistik weist gar keine konkrete Zahl aus. Stattdessen wird auf den Datenschutz der wenigen Azubis verwiesen. Azubi-Coach Claudia Beuße weiß von fünf Plätzen im gesamten Stadtgebiet. Drei davon betreut sie selbst bei Mosaik.

Doch warum wird das Budget für Ausbildung so wenig in Anspruch genommen?
Zunächst gibt es in Deutschland generell nur wenige Ausbildungsbetriebe, die überhaupt Menschen mit Behinderung ausbilden. Hier überwiegen wohl die Vorurteile. Man scheut den Aufwand und traut den Menschen mit Behinderung nur wenig zu. Es sind laut Statistik vorwiegend größere Unternehmen, die entsprechende Ausbildungsplätze anbieten. Claudia Beuße berichtet außerdem von der bürokratischen Antragsprozedur, die viele Arbeitgeber abschrecken würde. Weder die langen Vorlaufzeiten noch die Starrheit der Regelungen entsprächen der unternehmerischen Praxis. Insgesamt wird die Förderung als sehr intransparent wahrgenommen.

Ein großes Thema ist zudem die Beschränkung auf die Erstausbildung. Das heißt, Personen, die eventuell aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ihren erlernten Beruf nicht mehr ausüben können, sind ausgeschlossen. Auch für Benjamin, der sich anschließend gern zur Fachkraft ausbilden lassen möchte, würde dann eine weitere Förderung über das Budget für Ausbildung wegfallen.

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